1. Finanzierung – fehlendes Geld oder falsche Prioritäten?

1. Finanzierung I – fehlendes Geld oder falsche Prioritäten?

Wie erklären Sie einem/r Wähler/in, der/die auf verlässlichen und gut ausgebauten ÖV angewiesen ist, dass die Stadt Graz ohne Probleme über 100 Millionen in das Murkraftwerk und den neuen Kanal investieren kann, während alle wichtigen Straßenbahnprojekte – angeblich aus Kostengründen – auf Eis liegen?

Zum Vergleich: um diese über 100 Mio. könnten die beiden Verlängerungen nach Reininghaus und Smart City (insgesamt etwa 44 Mio.) und die Hälfte der Südwestlinie samt Innenstadt-Entlastung (Gesamtkosten etwa 120 Mio.) gebaut werden.

Beim Murkraftwerk wurden politisch alle Hebel in Bewegung gesetzt, um einen raschen Baustart zu ermöglichen. So viel politisches Engagement für ein Straßenbahnprojekt hat es noch nie gegeben! Bei den Tramprojekten, die teils schon Jahrzehnte auf Umsetzung warten, werden die Zeitpläne Jahr für Jahr nach hinten „korrigiert“. Hat der Straßenbahnausbau in Graz zu geringe Priorität?

Alle Antworten der Parteien könnt ihr auch hier als PDF herunterladen: Frage 01 – komplett

Hier die Details:

Antwort ÖVP: 1. Nach der Bauentscheidung für das Murkraftwerk (keine städtische Entscheidungskompetenz) durch den Investor Energie Steiermark ist die Stadt faktisch unter Zugzwang, die notwendigen Zusatzinvestitionen Speicherkanal und Murraumgestaltung mit wesentlicher finanzieller Beteiligung des Investors durchzuführen. Diese Investitionen nicht jetzt zu tätigen wäre grob fahrlässig. Fahrlässig wäre es auch die 3 hier genannten Straßenbahnausbauten nicht voranzutreiben. Deswegen wurde auf Initiative des Bürgermeisters (und anfänglich gegen den Willen des Verkehrsstadtrates) der Auftrag zur Durchführung aller Planungsschritte erteilt, die Finanzierung der Umsetzung wird dann ebenso zeitgerecht zu erfolgen haben.

Antwort KPÖ: Die KPÖ Graz ist der Meinung, dass das Murkraftwerk unbedingt einer Volksbefragung unterzogen werden muss. Wir haben immer betont, dass die Steuergelder, die in dieses Projekt fließen, an anderen Stellen, beispielsweise für den Öffentlichen Verkehr, fehlen werden.

Antwort SPÖ: Derselbe Wähler, dieselbe Wählerin wird wahrscheinlich auch darauf angewiesen sein, dass das Abwasser entsorgt wird, dass der Kanal nicht übergehtEr oder sie wird nicht wollen, dass die Mur deswegen zu einem toten, stinkenden Fluss wird: Fakt ist, der Kanal ist notwendig, spätestens in vier bis sieben Jahren wäre er laut ExpertInnen ein absolutes Muss. Jetzt aber haben wir die Chance, ihn aufgrund des Zusammenspiels mit dem Murkraftwerk, das im Übrigen ja nicht von der Stadt errichtet wird, um gute 20 Millionengünstigerzu bekommen.

Den notwendigen Speicherkanal und den ebenso notwendigen Straßenbahnausbau gegeneinander auszuspielen ist populistisch und führt zu nichts. Tatsache ist: die Stadt Graz hatte in der vergangenen Gemeinderatsperiode nur sehr wenig Spielraum für neue Investitionen. Daran wird sich kurzfristig auch nichts ändern. Daher: der Straßenbahnausbau hat keine zu geringe Priorität, sondern muss im Zusammenhang mit anderen Notwendigkeiten gesehen werden.

Kommentar von Pro Bim: Richtig ist, dass das Gegeneinander-Ausspielen von unterschiedlichen Infrastrukturprojekten nicht zielführend ist. Dennochjene 20 Millionen, die die Stadt beim Speicherkanal sparen kann, werden durch Mehrkosten aufgrund der Verschiebung der Tramprojekte wieder zunichte gemacht. Die Südwestlinie kostete ursprünglich 98 Millionen, inzwischen geht man von 120 Millionen aus.

Die FPÖ hat unsere Fragen leider nicht beantwortet

Antwort Grüne: Ja! Es war und ist leider für alle interessierten GrazerInnen ganz klar nachvollziehbar, dass für die überwiegende Mehrzahl der im Grazer Gemeinderat vertretenen Parteien der Straßenbahn- Netzausbau keine besondere Priorität zu genießen scheint. Insbesondere die Grazer Volkspartei, die SozialdemokratInnen und nicht zuletzt die für den Verkehr verantwortlichen Freiheitlichen haben auch in der letzten Periode keine einzige relevante Initiative gesetzt, um etwa die schon seit Jahren anstehende Verwirklichung der Südwest-Linie und die damit verbundene Innenstadtentflechtung – wie im November 2011 beschlossen weiter zu betrieben und weiter zu planen. Von einer Finanzierung dieser wichtigen neuen Linie ganz zu schweigen.

Für die Südwest-Linie sollte die schwarz-blaue Handschrift bei Stadtplanung und Verkehr aber noch ärgere Änderungen und Verzögerungen bringen: vor ca. 1 1/2 Jahren gab es nämlich einen für viele Menschen und ebenso für uns Grüne nicht nachvollziehbaren Änderungsbeschluss für die Trassenführung im Bereich Griesplatz, der nicht nur hohe Mehrkosten im Bau, sondern auch eine Erhöhung der Betriebskosten zur Folge hat (dass so ganz nebenbei die Fahrzeit für die Fahrgäste wegen der nun mit diesem Mehrheitsbeschluss festgelegten Umwegfahrt, beginnend am Griesplatz, über die Zweiglgasse und die Augartenbrücke, vorbei an der GKK, verlängert wird, bewegt in Graz kaum jemanden aus den genannten Fraktionen). Was v.a. für die ÖVP und die FPÖ in deren Verantwortung seit der letzten Wahl Ende 2012 die Finanzen einerseits und der Verkehr andererseits gelegen haben als das ganz dicke Minus zu vermerken bleibt, ist, dass dazu auch noch die Fertigstellung der Südwest-Linie samt Innenstadtentflechtung von zuerst Ende 2018 auf 2024/25 verschoben worden ist. Des Weiteren sind leider auch die wichtigen Linienausbauten nach Smart City Waagner-Biro-Straße und die Linienverlängerung von Eggenberg nach Reininghaus um zumindest ein bis zwei Jahre ´gestreckt´ worden. Keine Rede natürlich auch von Planung oder Bau der Nordwest-Linie nach Gösting und von einer Straßenbahnanbindung für die Karl-Franzens-Universität.

Das sagen wir Grüne den GrazerInnen, wenn an uns die Frage gerichtet wird, warum beim Straßenbahnausbau zwar in Linz und in Innsbruck viel weitergeht, aber Graz augenscheinlich zurückbleibt und stagniert. Dass schwarz-rot-blau sehr viel Geld für das Murkraftwerk und für den Zentralen Speicherkanal in kürzester Zeit aufbringen wollten und konnten, nicht aber für unsere Straßenbahn-Infrastruktur, zeigt klar und deutlich, wo hier Prioritäten gesetzt werden.

Antwort Piraten: Dies wurde leider gegen uns beschlossen. Wir sprechen uns beim Murkraftwerk für eine echte Volksbefragung aus, außerdem braucht es eine Strategische Umweltprüfung zur Energieversorgung in der Steiermark. Wir würden auch den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel hohe Priorität geben. Wir kritisieren schon lange, dass von unseren Politikern in erster Linie Prestigeprojekte finanziert werden, dafür ist anscheinend immer genug Geld vorhanden. Unspektakuläre ‚Kleinigkeiten‘, wie z.B. die Verlängerung oder Neuerrichtung einer Straßenbahnlinie sind ihnen nicht wichtig genug. Hier mangelt es nicht am Geld, sondern einzig am politischen Willen. Wie soll man auch Verständnis für die Probleme der Öffi-NutzerInnen von Politikern erwarten, die es großteils nicht nötig haben, öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Eine unserer wichtigsten Forderungen ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sowie eine Taktverdichtung. Wir haben ein entsprechendes Konzept erarbeitet (www.öffi- milliarde.at), das zeigt, wie ein Ausbau aussehen, bzw. wie er finanziert werden könnte. Leider finden es die (un-)verantwortlichen Stadtpolitiker nicht der Mühe wert, es einfach umzusetzen.

Antwort Einsparkraftwerk: Der Straßenbahnausbau in Graz hat einen schweren Stand, da er von keiner wirtschaftlichen Lobby, wie z.B. beim Murkraftwerk Graz, mitgetragen wird.

Antwort NEOS: Unserer Meinung nach wurden in der Stadt und Verkehrsplanung in Graz in den letzten Regierungsperioden definitiv falsche Prioritäten gesetzt. Dies zeigt sich am jetzt in der Eile durchgewunkenen Projekt des Murkraftwerks deutlich. Wir NEOS fordern bei Investitionen in dieser Höhe die klare Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. Dadurch können die Prioritäten innerhalb der Bevölkerung ganz klar ausgelotet werden und auch der Straßenbahnausbau wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.

Antwort Tatjana Petrovic: Absolut andere (falsch ist nicht meine Wortwahl, das was für einen falsch ist, ist für einen anderen richtig) Prioritäten. Den Wählern sollte man es auch nicht anders erklären. Der politische Wille ist nicht da. Das ist einzige Erklärung. Warum das so ist, das ist eine andere Frage.

Von der Liste WIR haben wir leider keine Antworten bekommen.

 

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