Will die Grazer Politik die Straßenbahn zerstören?

Kein Straßenbahn-Ausbau – Das Linzer Straßenbahn- und StadtRegioTram-Netz wächst derzeit um etwa 2 Kilometer pro Jahr (insgesamt über 10 km Neubaustrecke zwischen 2011 und 2016). Die neue Linie 4, die großteils unterirdisch den Linzer Osten erschließen soll, wird 2020 in Betrieb gehen. Die Kosten von 260-300 Mio. Euro teilen sich die Stadt und das Land Oberösterreich. Auch Wien, Innsbruck und Gmunden arbeiten, an der Erweiterung ihrer Straßenbahn-Netze.

In Graz schafft man gerade einmal 500 Meter beim LKH. Und künftige Ausbauprojekte liegen entweder auf Eis oder werden mit aller erdenklichen Halbherzigkeit betrieben. Die 3er-Verlängerung nach Reininghaus ist derzeit als unattraktive, stauanfällige Mischverkehrsstrecke projektiert, um den Autoverkehr nicht einzuschränken. Und die unsinnige Führung der Südwestlinie über den Griesplatz, bereits hinlänglich kommentiert, spricht auch nicht gerade für großes Interesse an einem leistungsfähigen Straßenbahn-Betrieb in Graz. Geld vom Land ist nur für Straßenprojekte zu erwarten (Südgürtel).

Sicherheitshaltestelle Reiterkaserne – Pro Bim hat sich schon in der Vergangenheit kritisch über jene Sicherheitshaltestelle geäußert, die vor etwa einem Jahr im Bereich Reiterkaserne eingeführt wurde. Alle stadteinwärts fahrenden Züge der Linie 7 sind zu einem vollständigen Abbremsen und anschließendem Weiterrollen im Schritttempo gezwungen.

Dies stiftete nicht nur Verwirrung, da Straßenbahnen kaum auf freier Strecke stehen bleiben oder auf Ihren Vorrang verzichten. Auch der Aspekt der ÖV-Beschleunigung wird dadurch ad absurdum geführt. Alle anderen Verkehrsteilnehmer haben in dieser Fahrtrichtung nämlich Vorrang und müssen nicht stehenbleiben.

Seitens der Holding Graz Linien (HGL) wurde damals beschwichtigt: Dies sei nur eine temporäre Maßnahme, die nach Beendigung der Gleisbauarbeiten im Sommer wieder zurückgenommen würde (Quelle: Kleine Zeitung). Fakt ist nun aber, dass die Bauarbeiten abgeschlossen wurden und Haltestelle weiterhin existiert.

Sollte es sich bei diesem Halt um eine reine Lärmschutzmaßnahme handeln, so ist zweierlei zu sagen: Erstens stellt sich die Frage, ob es verhältnismäßig ist, die Interessen weniger Anrainer gegenüber jenen zigtausender Fahrgäste zu präferieren. Zweitens muss befürchtet werden, dass die erfolgreiche Durchsetzung solcher Forderungen Nachahmer findet und die Straßenbahn bald im gesamten Stadtgebiet nur noch mir reduzierter Geschwindigkeit fahren darf.

Schließlich muss noch die Frage gestattet sein, ob anstelle einer Vollbremsung nicht eine bloße Temporeduktion bei der Einfahrt in die Haltestelle „Reiterkaserne“ ausreichend wäre. Den Fahrer/innen der Straßenbahnen dürfte durchaus zuzutrauen sein, das Tempolimit auch ohne Sicherheitshaltestelle einzuhalten.

Seit wenigen Tagen gibt es auch auf der Linie 1 eine zahlreiche Tempolimits zwischen 15 und 35 km/h im Bereich Mariagrün bis Mariatrost. Das Straßenbahnen im Stau stehen ist eine Sache, dass sie aber dort, wo keine Staus möglich sind, auf diesem Wege ausgebremst werden, ist indiskutabel. Die HGL wiesen unsere Vermutung, dass der Gleiskörper in Mariatrost in einem erbärmlichen Zustand sei, zurück. Wir fordern dennoch die schnellstmögliche Sanierung dieses Streckenabschnitts.

Kein Beschleunigungsprogramm – Pro Bim hat in Zusammenarbeit mit Vertretern der Graz Linien ein Beschleunigungsprogramm erstellt („5-Punkte-Plan“), welches vor allem auf die Beseitigung von Behinderungen der Tram durch den KFZ-Verkehr abzielte. Konkret waren Leonhardstraße, Münzgrabenstraße, Herz-Jesu-Viertel, Karlauergürtel und Riesstraße in diesem Plan enthalten. Kein einziger Punkt dieses Programms wurde bis dato auch nur ansatzweise umgesetzt! Tägliche Staus gehören nach wie vor zum Grazer Straßenbahn-Alltag.

Was derzeit in Graz verkehrspolitisch passiert ist eine einzige Farce. Sinnvolle Ausbaumaßnahmen der Straßenbahn sind in den nächsten 10 Jahren nicht zu erwarten. In Linz wird das Tramnetz hingegen weiter wachsen. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land ermöglicht derart erfreuliche Entwicklungen. In der Steiermark funktioniert das leider nur beim Autoverkehr.

Aber auch um den Bestand kümmern sich die Verantwortlichen wenig: Straßenbahnen die im Stau stehen oder langsamer dahinschleichen als ein Fahrrad sind wohl kaum eine ernstzunehmende Alternative für den Privat-PKW. Somit ist auch eine Verbesserung der Verkehrs- und Umwelt-Situation in Graz sehr unwahrscheinlich.

DOWNLOAD dieser Aussendung: Schluss mit langsam

Weiterführende Informationen:

2 comments for “Will die Grazer Politik die Straßenbahn zerstören?

  1. Invisible
    11. Dezember 2014 at 01:45

    Und warum gibts auf der Mariatroster Strecke dann die Geschwindigkeitsbegrenzungen, wenn es nicht am Zustand der Gleise liegt?

    • Invisible2
      13. Dezember 2014 at 00:51

      Das ist doch ganz einfach: wie schnell die Straßenbahnen fahren und warum geht nur das Unternehmen etwas an, Erklärungen über Ursachen bekommt nur die Vertreter der Stadt als Eigentümer also der Bürgermeister. Fragen Sie bitte dort an.