Pro Bim ist hocherfreut über die jüngst vorgestellten Ausbaupläne für das Straßenbahnnetz! Wir sehen unsere Forderungen durch die Hüsler-Studie bestätigt!
Als „gelernte Grazer“ wissen wir jedoch, dass keines dieser Projekte wirklich neu ist, die Umsetzung bislang lediglich am politischen Willen scheiterte. Das könnte sich jetzt endlich ändern. Die nun vorliegende Hüsler-Studie ist bereits die dritte, und alle drei Studien sprechen sich klar für den Tramausbau aus!
In den 1950er- bis 1980er-Jahren wurden weltweit Straßenbahnnetze systematisch zerstört, um mehr Platz für den Autoverkehr zu schaffen. Viele Städte verloren ihre Tram zur Gänze, in Graz wurde zumindest ein kleines Kern-Netz erhalten (siehe hierzu auch: https://graz.zeitlinie.at/de). Gerade der Grazer Westen ist jedoch weiterhin stark benachteiligt, was die Qualität des öffentlichen Verkehrs anbelangt (der Bau der Strecken nach Reininghaus und Smart City ist hier als erster Schritt in die richtige Richtung zu sehen).
Glücklicherweise haben die Städte, zunächst in Europa, inzwischen auch darüber hinaus in, vor etwa zwei Jahrzehnten die Straßenbahn als modernes Verkehrsmittel wiederentdeckt. Ausgangspunkt war hier Frankreich (siehe auch: http://tramway.at/frankreich/index.html und http://tramway.at/frankreich/bestof.html). So wurden etwa in Montpellier seit dem Jahr 2000 über 55 Kilometer Schienenstrecken gebaut, in Bordeaux waren es seit der Eröffnung der Tram im Jahr 2003 sogar fast 70 Kilometer.
Zum Vergleich: Das Grazer Netz hat derzeit rund 34 Kilometer Länge und wuchs seit dem Jahr 2000 um gerade einmal 5 Kilometer. Das Ausbauprogramm 2023+ umfasst jedoch insgesamt über 14 (!!) Kilometer Neubaustrecken (Südwestlinie bis Straßgang, Nordwestlinie bis zum künftigen NVK Gösting, Uni-Linie vom Hbf zum Leonhardgürtel) und wäre damit vergleichbar mit den großen Ausbauprogrammen, die in Linz und Innsbruck umgesetzt wurden und werden.
Der Bau der Südwest- und Nordwestlinien, sowie die Anbindung der größten Grazer Universität (zugleich der einzige Unistandort in Graz ohne Straßenbahnanschluss!) wäre ein Meilenstein für den öffentlichen Verkehr in unserer Stadt: Gerade die Geschichte der Südwestlinie ist alles andere als eine Erfolgsgeschichte: bereits 1994 wurde die Radetzkybrücke neu gebaut und für eine Straßenbahn vorbereitet. Der Bahnhof Don Bosco, eröffnet 2007, war ebenfalls von Anfang an für eine Tramanbindung vorgesehen. Auch im Einkaufzentrum Citypark ist man sich der Vorteile einer hochrangingen ÖV-Anbindung bewusst. Unter Stadträtin Lisa Rücker (Grüne) sollte dann endlich der Baubeginn erfolgen, die Fertigstellung war für 2018 vorgesehen. Doch es kam bekanntlich anders: Weil der Bau einer neuen Straßenbahnlinie im Grazer Zentrum klarerweise nicht ohne Einschränkungen für den Autoverkehr möglich ist, wurde das Projekt bald boykottiert und spätestens mit der unsinnigen (und teuren) Umfahrung des Griesplatzes „zu Tode geplant“.
Nicht viel besser sieht es bei der Nordwestlinie aus: 1955-58 wurde die Tram nach Gösting (damals Linie 3) schrittweise eingestellt, 2002 tauchte die neue Linie 9 in den Nordwesten in einem Grundsatzbeschluss des Grazer Gemeinderates auf. Etwa 10 Jahre später sollte eine ÖV-Trasse (zunächst als Provisorium für Busse) vom Fröbelpark Richtung Norden durch die Hirtenkloser-Siedlung errichtet werden. Die Bewohner der Siedlung schafften allerdings erfolgreich, das Projekt zu verhindern, lediglich ein altes Straßenbahngleis erinnert daran, dass hier irgendwann einmal eine „Bim“ fahren soll. Der Bezirk Gösting wiederum kämpft bislang vergeblich um einen Nahverkehrsknoten mit S-Bahn-Haltestelle.
Die neue Linie 2 würde die Lücke zwischen 1 und 3 nach etwa 40 Jahren endlich wieder schließen. Über die Vorteile einer Straßenbahn zu der mit Abstand größten steirischen Universität muss wohl nicht diskutiert werden.
Langer Rede kurzer Sinn: Nach Jahren des erfolglosen Planens, Verschiebens und Absagens könnte die Politik mit der Umsetzung dieses ambitionierten Ausbaupaketes ein in dieser Größenordnung noch nicht dagewesenes Zeichen für den öffentlichen Verkehr in Graz setzen. Die Kosten von 285 Mio. Euro sind zwar nicht gering (allerdings könnte man um das gleiche Geld nicht einmal 1,5 Kilometer U-Bahn bauen…), der volkswirtschaftliche Nutzen der Tram ist jedoch erwiesen und der Mehrwert dieser Projekte für den Verkehr in Graz wird die Baukosten bei Weitem übersteigen.
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