Kurz nach der Absage der Südwestlinie forcieren ÖVP und FPÖ den Bau einer neuen Straßenunterführung vom Westen direkt ins Zentrum. Mehr Autos als willkommenes
„Argument“ für die umstrittenen Innenstadt-Tiefgaragen?
PRO BIM hat in den vergangenen Jahren mehrfach davor gewarnt, dass die ständigen Verschiebungen und unsinnigen Umplanungen der Südwestlinie – laut der seriösen „Hüsler-Studie“ die wichtigste Grazer Straßenbahnneubaustrecke – letztlich nur dazu dienen, das Projekt sukzessive zu Grabe zu tragen und somit die notwendigen Eingriffe in den Straßenverkehr zu vermeiden.
Diese Befürchtungen haben sich nunmehr bestätigt. Die Südwestlinie wurde da facto abgesagt, stattdessen soll eine neue Straßenunterführung westlich der Josef-Huber-Gasse einerseits eine Anbindung des Reininghaus-Quartiers, andererseits eine zusätzliche Einfahrtsroute für Pendler aus dem Westen schaffen. Beides nur für den Autoverkehr, versteht sich. Hier gilt es freilich, kritisch nachzufragen:
- Reininghaus wurde stets als „Öko-Stadtteil“ beworben: viel sanfte Mobilität, kurze Wege, wenig Autoverkehr. Warum benötigt ein solcher Stadtteil erstens überhaupt eine zusätzliche hochrangige Straßenanbindung und zweitens, warum ist diese offenbar wichtiger als die Straßenbahn? Hat sich Graz von dem ursprünglichen Mobilitätskonzept längst verabschiedet?
- Wäre es nicht sinnvoller, Pendler aus dem Westen auf Park-and-Ride-Anlagen mit Schienenanschluss umzuleiten, anstatt direkt ins ohnehin überlastete Zentrum fahren zu lassen? Auch dafür böte sich die Südwestlinie an.
- Die beiden aktuellen Garagenprojekte in der Altstadt sind unter Verkehrsexperten umstritten. Mehr Autos im Zentrum könnten aber einen Grund liefern, warum diese Garagen trotz aller Bedenken „benötigt“ würden.
PRO BIM fordert, die Planungen für die Südwestlinie nach Fertigstellung des aktuellen Ausbauprogramms (Reininghaus, Smart City, Innenstadtentlastung Neutorgasse) weiter voranzutreiben. Die Unterführung Josef-Huber-Gasse soll nur errichtet werden, wenn sie zu keinen Konflikten mit dem Tramprojekt führt. Fakt ist, dass aufgrund der prognostizierten 24.000 Autofahrten in der Rösslmühlgasse eine Straßenbahn dort nicht mehr genehmigungsfähig wäre.
Die Vorteile der Südwestlinie liegen auf der Hand:
- Wiederanbindung des Griesplatzes an das Schienennetz. Die Bevölkerung im verkehrsbelasteten Bezirk Gries wünscht sich seit langem eine Umgestaltung des Platzes und eine Erhöhung der Lebensqualität. Der Gries wird derzeit bisweilen als „Verkehrsmistkübel“ der Stadt bezeichnet und das geplante Unterführungsbauwerk wird diese Situation noch verschärfen. Da bringen dann auch ein paar kosmetische Umgestaltungsmaßnahmen nichts.
- Anbindung des Bahnhofes Don Bosco. Die 2007 eröffnete S-Bahn-Haltestelle Don Bosco, wo derzeit drei Linien halten (S3, S5, S6), war von Anfang an für einen Straßenbahnanschluss vorbereitet. Pendler aus Süd, Ost und West könnten dort auf die Tram umsteigen, der Hauptbahnhof würde dadurch entlastet.
- Anbindung des Cityparks: Der Murpark liefert den Beweis, dass Einkaufszentren mit Tramanschluss auch von überdurchschnittlich vielen ÖV-Fahrgästen besucht werden. Auf Seiersberg und Co. trifft dies nicht zu.
- Zweite Anbindung für Reininghaus: Nebst der Anbindung von Reininghaus aus dem Norden (Linie 3 oder 4, Fertigstellung geplant für 2021) könnte der neue Stadtteil auch auf einem zweiten Wege angebunden werden. Das erhöht die Flexibilität des Tramnetzes, etwa bei Störungen.
- Anbindung des GKB-Bahnhofes „Wetzelsdorf“, Anbindung Grottenhof, Straßgang, Seiersberg und und und…Abschließend noch ein kritisches Wort zu den Finanzen: 20 Millionen soll die Unterführung kosten. Dafür könnte man auch eineinhalb Kilometer Straßenbahn bauen. Für die Tram ist merkwürdigerweise nie Geld da, da müssen Land und Bund einspringen. Aber es scheint kein Problem darzustellen, nach dem 180 Millionen teuren Südgürtel einen weiteren Millionenbetrag für den Straßenverkehr buchstäblich zu vergraben.
Download der PA: PA-Josef-Huber-Gasse
Unterschriftenliste von „Unser Griespletz“: Unser Griesplatz_Nein_zur_Unte rführung_Josef_Huber_Gasse
Link zur Petition: https://www.openpetition.eu/at/petition/online/lebenswerter-gries-nein-zur-stadtautobahn-durchs-griesviertel